Donnerstag, 11. Februar 2016

Waldarbeiten in Chile

Über den Paso de Icalma sind wir wieder nach Chile 'rüber. Ausreise war schnell erledigt,
bei der Einreise war ein großer Stau. Aber die Wartezeit haben wir dann ganz angenehm wegen eines Plauschs mit einer argentinischen Familie verbracht. Eine junge Frau konnte passabel englisch und so war das mit radebrechen, übersetzen und Zeichensprache möglich, all' ihre neugierigen Fragen zu beantworten. Scheint keine Gegend zu sein, in der sich viele Europäer herumtreiben. Jedenfalls waren dem recht jungen Genzer unsere Pässe etwas fremd, er hatte ein wenig Mühe, damit klar zu kommen. Der Kollege, der das Auto inspizieren sollte, aber war völlig hingerissen, guckte sich begeistert drinnen um und verstand sofort, dass das unsere Wohnung ist - zeigte also den nötigen Respekt vor unserer Privatsphäre, latschte auch nicht mit Schuhen durchs "Haus". Und war noch mehr entzückt, als er einen Australien-Aufkleber in einer der Türen entdeckte. Er hatte 2 1/2 Jahre dort verbracht, war hin und weg, dass wir da auch schon waren. Zwar hatte alles insgesamt
einige Zeit gekostet, es war aber dennoch der bisher entspannteste und amüsanteste Grenzübergang. Auch in Chile schien die Sonne, es war warm, wenig windig und die Landschaft sanft, freundlich alpin. Am Lago Gualletue fanden wir einen superschönen Platz und nette Gesellschaft von einem chilenischen Gefängniswärter aus Santiago, der am See mit Familie urlaubte.


An Hand von Karten und einem (alten) Reiseführer haben wir uns eine Tour ausgeguckt, die sich richtig toll anbot. War sie auch, wenn auch ein wenig anders als gedacht. Den Kontakt mit der Natur hatten wir uns etwas anders, nicht ganz so intensiv, vorgestellt. Von Lonquimay aus gibt es zwei
kleine Straßen Richtung Norden. Die Östliche sollte entlang des wildromatischen Rio BioBio die Westliche zum (noch aktiven) Vulkan Lonquimay führen. Klaus wollte Vulkan, ich wollte Rio. Klar - wir nehmen die Straße zum Vulkan. Gerieten dann aber doch auf die östliche Straße, die alsbald keine mehr war. Natürlich nicht geteert, aber erst mal recht kommod. Es wurde eng beim Überqueren eines Bächleins, war aber noch kein Problem mit diesem Auto. Wir haben uns noch nicht viel dabei gedacht. Und dann kam es Schlag auf Schlag. Alle paar hundert Meter ein neues Hindernis. Umgefallene Bäume im Weg, dicke Äste unter Wagenhöhe, Brückchen über Bäche, die zu schmal für uns waren, sehr steile, enge Auffahrten nach Bachdurchfahrung. Tapfer haben wir alle Hindernisse überwunden, aber es hätte eh kaum noch eine Chance zur Umkehr gegeben. Also war Einsatz von Hirn und Werkzeug
vonnöten.


Störendes Holz wurde niedergesägt, die zu schmalen Brückchen mit Steinen, Sand, Holz und zur Not mit den eigenen Sandblechen verbreitert, die zu steile Auffahrt nach einem Bach abgegraben - irgendwie ging es schon immer weiter. Bis wir vor einem riesigen, mehrstämmigen Baum standen, der abgebrochen und über den Weg gefallen war, zwar abgesägt, aber viel zu wenig. Keine Chance, dran vorbei zu kommen. Abgesehen von viel manueller
Sägearbeit war dann auch die strategische Überlegung angesagt, dem Baum nicht die Stabilität im Liegen zu nehmen. Hätten wir ihm eine seiner wesentlichen Stützen gekappt, wäre uns das Monstrum aufs Hirn gefallen.

Nööö, das war ja noch nicht alles, bis zu einem einigermaßen gemütlichen Schlafplatz war noch einiges aus dem Weg zu räumen. Als wir ziemlich die Schnauze voll hatten, bot sich ein Platz an der Sonne - den wir mehr als dankbar annahmen. Es wären nur noch schlappe 5 Km bis zu einer halbwegs passablen Straße gewesen, aber da alle paar Hundert Meter ein Hindernis lauerte, konnten wir uns ausrechnen, wie lange wir dafür brauchen würden. Und darauf hatten wir einfach keine Lust mehr - besser am nächsten Tag ausgeruht erneut ans Werk gehen.


Und wirklich war noch einiges an Waldarbeit zu tun - das Ärgste war ein dickes Trumm Baumstamm, das auf dem Weg lag. Manuell bekamen wir das nicht bewegt, dann also mit dem Auto wegziehen. Eigentlich eine gute Idee, aber der Gurt riß. Nun doch manuell arbeiten, mit Hebel-Einsatz. Wir kriegten den Stamm dann soweit weg bewegt, dass das Auto haarscharf dran vorbeikam. Ein paar kleinere Bäume mussten noch entsorgt werden und nach ca. 2 Stunden hatten wir es geschafft, konnten in eine offensichtlich befahrene Straße einbiegen. Aber man soll sich natürlich nie zu früh freuen. War der Waldarbeiter-Job erledigt, wartete nun einer als Panzerknacker auf uns.
Denn wir standen nach ca 1 Km vor einem Tor, das mit einer Kette und einem sehr stabilen Schloß versperrt war. Da das "Privat"-Schild außen war, waren wir doch ein wenig erstaunt, denn wir kamen auf einem öffentlichen Weg, der in allen Karten und im Navi verzeichnet war. Umkehren? Nie im Leben! So hat Klaus sich als Schloßknacker versucht, aber das Ding war nicht zu sprengen. Da kam die Eisensäge zum Einsatz, mit der es gelang, eines der Kettenglieder durchzukriegen. Und dann war es endlich geschafft, wir konnten auf die andere Straße abbiegen, die wir eigentlich nehmen wollten.


Na ja, es war schon eine sehr schöne Strecke hinter uns, aber wir hatten eigentlich nicht viel Zeit, die Natur in ihrer ganzen Pracht zu bewundern, wir waren zu sehr damit beschäftigt, uns einen Weg zu bahnen. Aber in solchen Dingen sind wir ja schon recht erprobt und ein gutes Team. Es ist wohl so, dass wir beide in kritischen Situationen zur Hochform auflaufen, beide lösungsoriertiert und mit viel Improvisationstalent gesegnet sind. Ein klein wenig stolz waren wir aber schon, dass wir alten, eigentlich faulen, Säcke das so gut hingekriegt haben. Und dann musste natürlich alles nochmal analysiert werden. Was war das Ärgste, das Schwierigste, das Kritischte? Und natürlich waren wir auch froh um das schöne Wetter, denn hätte es geregnet, wäre der Weg sehr rutschig gewesen und so manches hätte nicht mehr funktioniert, hätte böse ausgehen können.


Alles noch mal gutgegangen, der Flurschaden, den wir hinterlassen haben, hält sich in Grenzen, die Schäden am Auto sind zu verschmerzen. Alle Rücklichter kaputt, einiges verbogen, Abwasserschlauch-Verbindung ist weg, natürlich jede Menge dicker Kratzer und das Blödeste: eines der Hörner auf dem Dach ist abgefatzt. Klaus hat es retten können, aber es ist wohl eine doofe Arbeit, das wieder anzubringen.

So ist Klaus dann doch noch zu seinem Vulkan gekommen, die westliche Straße zurück führte direkt zum Lonquimay. Die Umgebung ist vom Ausbruch 1988/89 noch komplett geprägt: nur Asche und Lavabrocken ringsum, eine recht unwirtliche, aber sehr faszinierende Landschaft. Am Fuß des Berges haben wir einen netten Platz für die Nacht gefunden und erst mal ausgiebig unser Badezimmer unter Wasser gesetzt, eine Dusche war dringend nötig.

Da wir von Vulkanen noch nicht genug hatten, sind wir durch den nächsten Nationalpark weiter südlich gefahren, da gibt es den Conguillo zu sehen und den Llarma, der noch aktiv ist. Dieses riesige Asche- und Geröllfeld zu seinen Füßen ist schon recht beeindruckend.


Weiter auf dem Weg nach Temuco, wo Klaus eine Werkstatt für die Beseitigung der diversen Schäden am Auto suchen wollte, war einfach kein Platz für die Nacht zu finden - alles recht zersiedelt und eingezäunt. Aber dann entdeckte er ein "Campingplatz"-Schild, auf dem auch noch ein deutsches Fähnchen zu sehen war. Also abgebogen, aber der Weg schien uns ins Nichts zu führen, nach Campingplatz sah es jedenfalls gar nicht aus. Da keine Chance zum Wenden bestand, fuhr Klaus weiter und dann: eröffnete sich ein wunderschöner parkähnlicher, sehr, sehr großer Platz. Der
tatsächlich von einem deutschen Paar betrieben wird. Zwar sind sie nicht unbedingt auf so große Autos ausgerichtet, aber wir konnten uns zwischen Bäumen durch auf eine Wiese stellen und einer der Bäume war dann auch bald abgesägt. Ein genau so großes Auto hatte schon den einzigen geeigneten Platz belegt und das gehört einem ebenfalls deutschen Paar, das schon seit 7 Jahren unterwegs ist.

Eigentlich wollten wir höchstens 2 Tage bleiben, haben dann aber schnell
umdisponiert. Sind nach Temuco gefahren, Lebensmittel eingekaufen und Klaus hat alles besorgt, was er zum Herrichten des Autos brauchte. Auf dem schönen Platz konnte er das auch alles gut selbst machen. Ich durfte die Waschmaschine von Elli benutzen, konnte mal wieder gründlich das Haus putzen - so sind aus den 2 Tagen dann tatsächlich 2 Wochen geworden. Was will man auch mehr? Nette Gesellschaft, ein paar lustige Grillabende gemeinsam mit unseren "Landlords" Elli und Werner, dazu herrliches Sommerwetter und ab und an ein Hüpfer in den Swimmingpool.



 

3 Kommentare:

  1. Das hört sich alles nach Schwerarbeit an, ohne die der Weltenbummler nicht glücklich sein kann. Uns reicht es, wenn die Hinterradbremse vom 25 Jahr alten Fahrrad hier vor Sizilien keinen Ersatz findet und die elektrische Trittstufe Omni-Step ihren Dienst verweigert. Doch mit Strom, TV, Internet, Meer und warmer Sonne fühlen wir uns wohl:
    http://n0by.blogspot.it/2016/02/lazise-rom-pompejivesuv-corigliano.html

    Herzlich liebe Gruesse von Sonne, Sand und Meer

    von

    Mima-mit-mir

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  2. Dein sehr bewegender Blog-Bericht fand als Zitat und Verlinkung auch Eingang in meine heute Arbeit:
    http://n0by.blogspot.it/2016/02/nicotera-reggio-calabria-gardini-naxos.html

    Gruss aus Giardini-Naxos, Sizilien

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  3. Was ist los? Keine Lust mehr, zu schreiben? Gruss aus Castellammare del Golfo:
    http://n0by.blogspot.it/2016/03/castellammare-del-golfo-oder-wollt-ihr.html

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