Dienstag, 4. Oktober 2016

Pantanal

Tja, da standen wir in aller Frühe und hatten keinen Plan. Erst mal einen Kaffee schlürfen und dann die Gegebenheiten erkunden war angesagt. Ein Auto kam vorbei und bot uns eine Bootstour an - sehr verlockend, aber ein wenig teuer. Ein Stück des Weges nach rechts gab es einen hübschen Campingplatz und auch von da konnte man Bootstouren buchen, für weniger Geld. Wie sich herausstellte, war das allerdings nur ein halber Tag, was den Preis relativierte. Nur reicht ein halber Tag vollkommen, der ganze Tag für viel Geld ist darauf angelegt, dass man Jaguare gucken kann. Wozu man unglaublich viel Glück haben muss.  Dazu später mehr.

Wir haben uns jedenfalls für eine Tour am nächsten Tag angemeldet und uns auf dem Campingplatz eingerichtet. Sehr heimelig unter Mangobäumen und mit unglaublich schöner Nachbarschaft. Im hohlen Nebenbaum wohnte ein Hyazinth-Arara-Paar. Das sind die
größten Papageien Amerikas und wunder-wunderschön! Es gibt nicht mehr sehr viele davon, weil sie sehr begehrt sind und auf dem Schwarzmarkt bis zu 20.000 US-$ bringen sollen. Den ganzen Tag hatten wir Spaß, diese Vögel zu beobachten und wir vermuten, sie hatten schon für Nachwuchs gesorgt, weil sie sich ständig in der Nähe ihrer Höhle aufgehalten haben, beide zusammen nie lange weg waren. Und sehr wachsam wurden, sobald sich jemand dem Baum arg genähert hat. Es gab noch eine Menge Geier und lustige
Falken, die interessanterweise ständig beieinander waren - offensichtlich keine Fresskonkurrenz.

Am nächsten Morgen hieß es schon wieder früh aufstehen, um 7 Uhr ging die Bootstour los, ein kleines Motorboot, gerade für uns 6 Leute. Und nun verstehe ich, warum wir - wie sonst üblich - keine Schwimmwesten bekamen. Geht man in diesen Gewässern über Bord, hat man eh keine Überlebenschance. Also wozu noch teures Material vergeuden, von dem die Viecher im Zweifelsfall nur Magenbeschwerden kriegen. Die Kaimane lagen derart dicht gedrängt am Ufer herum wie die Touristen zur Hochsaison auf Malle. Sie schwammen zuhauf neben dem Boot, man hätte sie streicheln können, wenn man sich getraut hätte.

Dazu die niedlichen Piranhas und Anacondas - eine haben wir gesehen, aber die war wohl schon satt. Jedenfalls lag vor ihrem Vorderteil malerisch ein Badeschlappen :-). Woher der wohl kam....?? Wir hatten viel Spaß, uns die diversen Gefahren des Dschungels auszumalen und uns dabei schlapp zu lachen. Alles sicher und gut organisiert, was also soll passieren?
Aber so richtig haben wir gelacht, als wir auf die Boote der Jaguar-Jäger trafen.  Jede Menge ernsthafter älterer Leute mit albernen Hüten, teurem Outdoor-outfit und
gigantischen Teleobjektiven im Anschlag. Die Bootsführer verständigten sich untereinander per Funk, wenn jemand meinte, einen Jaguar gesichtet zu haben, düsten alle Boote zu der angegebenen Stelle. Na, für wie blöd halten die denn die Tiere? Natürlich war dann keine Katze mehr da. Klar, wir hätten auch gerne einen Jaguar gesehen, aber unter diesen Bedingungen?? Nöö - tagelang für viel Geld auf dem Wasser herum zu düsen, um die Schwanzspitze einer Wildkatze vermeintlich zu sehen? Das ist Großwildjagd -nicht mehr mit der Schusswaffe, aber die Kamera ist ähnlich tödlich. Man stört den Lebensraum der Tiere und wozu?? Einer Trophäe wegen...?

Da kommt man wieder an seine Grenzen als Reisender, als Tourist. Es ist großartig, wenn einem die Natur unvermittelt begegnet, aber ich denke, man sollte nichts herausfordern. Also haben wir dankend abgelehnt, als uns der Bootsführer fragte, ob er noch ein paar Stunden herumfahren soll, damit wir vielleicht auch noch einen Jaguar zu sehen bekommen.  Mit unserer "Ausbeute" an Tieren waren wir vollauf zufrieden - Kaimane bis zum Abwinken in verschiedenen Sorten, jede Menge Vögel, Wasserschweine, ein paar
Legunane, die Anaconda. Und als wir wieder anlegten, schwamm noch ein niedlicher Otter am Ufer herum.




Brasilien

Ehe unsere 3 Monate Aufenthaltserlaubnis in Paraguay um waren, haben wir doch noch die Kurve gekriegt und sind nach Brasilien aufgebrochen, erstes Ziel war die andere Seite der Iguazù-Fälle. Einen Zwischenstop in dem schönen Park Tati Yupi, den wir schon mal besucht hatten, konnten wir gottseidank problemlos verlängern, denn es goss in Strömen. Was wollen wir an einem Wasserfall, wenn auch vom Himmel das Wasser in Mengen fällt....?

Aber es war schnell wieder schön und wir konnten los. Man kann gar nicht sagen, welche Seite spektakulärer ist, aber man sollte wirklich beide gesehen haben, es ist einfach grandios. Wir hatten Glück mit dem Sonnenstand und phantastische Regenbögen überm Wasser gesehen, die man in ihrer vollen Pracht gar nicht ganz aufs Foto bekam.
Schmetterlinge und marodierende Coati-Banden gibt es in Argentinien mehr, dafür in Brasilien jede Menge Begonien am Wegesrand - auch eine nette Dreingabe. Und die sind nicht so frech wie die Pelztiere mit den Ringelschwänzen.

Das nächste Ziel war das Pantanal, ein riesiges Fluss- und Sumpfgebiet im Süden von Basilien. Auf dem Weg dahin gab es einen Stop bei Bonito auf einem tollen Campingplatz im Dschungel, mit vielen Tieren und einem Fluss mit etlichen Badegelegenheiten. Aber uns Warmduschern war das Wasser zu kalt, wir haben nur mal die Zehen hinein gehalten. Dort
haben wir ein junges österreichisches Paar getroffen, das wie wir, eine Tour auf einem Flussschiff durchs Pantanal machen wollte. Die wir dann in Corumba am Abfahrtsplatz der Schiffe wieder trafen. Aber zuvor rollte eine deutsche Feuerwehr an mit einem Paar, das wir vor gut einem halben Jahr in Chile getroffen hatten. Die Beiden kamen aus Bolivien, hatten die Flussfahrt gar nicht im Programm, ließen sich dann aber schnell begeistern. Es war ein wenig mühsam heraus zu bekommen, wann welches Schiff nach Porto Jofre fährt, dann den entsprechenden Kapitän aufzutreiben, aber es gelang irgendwann und wir bekamen einen recht anständigen Preis genannt, für die 3 Autos und für uns 6 Nasen. Wie wir später in einem Reiseführer lasen, hätte man das auch über eine Agentin buchen können, aber zu einem sehr viel höheren Preis. Manchmal ist es gut, wenn  man sich selbst schlau macht.

Nun gut - "Schiff" ist vielleicht ein wenig übertrieben, es ist eher ein Kahn, der einen Ponton vor sich herschiebt, auf dem sich die Fracht - also auch wir - befindet. Da hinauf zu kommen, war ein wenig abenteuerlich, weil es natürlich keine Auffahrtrampen gibt. Die Jungs schleppten dicke Bohlen an, die für jedes Auto neu ausgerichtet wurden und die die Fahrer genau treffen mussten. Zwischen Bergen von  Saatgut, Drahtrollen,
Toilettenschüsseln, diversem Umzugsgut, Kisten & Kästen standen dann unsere Autos. Dahinter  ein alter Traktor samt Anhänger, ein Pferd und 2 Hunde. Und es strömten noch jede Menge Passagiere an Bord, die auf dem Kahn einen Hängematten-Platz hatten. Die
Fahrt dauert 3 Tage, muss man wohl dazu sagen. Aber es gibt Verpflegung an Bord. Na ja, nicht gerade das Catering vom Traumschiff, aber erstaunlich gut. 2 x täglich Reis + Bohnen mit irgendwas dazu, aber reichlich und durchaus essbar.

Wie gut, dass wir auf dem Weg nach Corumba schon ein Stück durch das südliche Pantanal gefahren sind, dort Kaimane und anderes Getier bis zum Abwinken gesehen
hatten, da störte es nicht so sehr, dass sich die Fauna am Flussufer recht bedeckt hielt. Wir hatten dennoch unseren Spaß und so eine Tour ist in Gesellschaft eh viel lustiger. Der Koch hatte bei jeder Gelegenheit geangelt und immer was heraus gefischt.  Neben einem Wels, den wir zum Abendessen bekamen, hatte er auch Piranhas gefangen. Einziger
Wermutstropfen waren die recht üblen Stech-Tiere, so eine Art Bremsen, unter denen besonders ich gelitten habe. Mich mochten sie am liebsten und ich konnte mich ihrer kaum erwehren. Bei den Mitreisenden hat mich das aber sehr beliebt gemacht, denn die wurden kaum geplagt, solange ich in der Nähe war. Selten habe ich mich derart begehrt gefühlt - haha....
Am 2. Tag wurde immer wieder angelegt, Passagiere gingen mit Bergen von Zeugs von Bord, Fracht wurde abgeladen. Man glaubt nicht, wie viele Menschen in derart abgelegener Gegend leben. Es gibt sogar einen "Schulbus", also ein Boot für die Kinder.
Am 4. Tag, morgens um 1/2 6 kamen wir an. Raus aus den Federn und runter vom Schiff, was natürlich auch wieder abenteuerlich war, weil man rückwärts runter musste. Ging aber auch unfallfrei.